Eine sehr schöne und höflich formulierte Rücktrittsbitte von Bettina Winsemann an Frau von der Leyen.
Persönliche Bitte an Frau von der Leyen, vom Amte zurückzutreten.
Sehr geehrte Frau Bundesfamilienministerin von der Leyen,
hiermit möchte ich Sie in aller Form, höflichst, darum bitten, von
Ihrem Amte zurückzutreten. Wie hoffentlich aus meiner Wortwahl
ersichtlich, geht es mir nicht darum, Sie in irgendeiner Form zu
verunglimpfen oder zu beleidigen oder gar zu fordern. Ich appelliere
vielmehr an Ihre Fähigkeit zur Einsicht und an Ihr Verständnis für
meine Bitte, welche ich, so hoffe ich, schlüssig begründen kann.
Meine Bitte und die Einschätzung, dass Sie das Ihnen übertragene Amt
nicht fachgerecht ausfüllen, basiert zum einen auf Ihren Äußerungen und
Forderungen zu den "Netzsperren gegen Kinderpornographie", zum anderen
auch darauf, dass seit 10 Jahren, 5 davon in Ihrer Amtszeit gelegen,
Deutschland das "RIO-Fakultativ-Protokoll zur Kinderrechtskonvention"
nicht razifiziert hat, was ich in Anbetracht Ihres Kampfes gegen
Kinderpornographie für höchst bedenklich halte.
Doch der Hauptaugenmerk liegt bei mir auf Ihrem Verhalten in Bezug
auf das "Zugangserschwerungsgesetz".
Durch dieses Verhalten füg(t)en Sie dem Staat Deutschland, dem
Bundesfamilienministerium sowie anderen Ländern schweren innen- bzw.
außenpolitischen Schaden zu. Es ist leider derzeit nicht davon
auszugehen, dass sich dies ändern wird, so dass ich es für unumgänglich
halte, dass Sie Ihr Amt jemandem überlassen, der beginnt, kompetent,
ruhig und vor allen Dingen ehrlich gerade auch die Schäden, die Sie
verursach(t)en, wieder auszugleichen.
Begründung dafür, dass Sie innen- wie auch außenpolitisch nicht nur unklug, sondern auch schädigend agieren:
Das Bundesfamilienministerium
Seit Beginn Ihrer Amtszeit wurden vom Bundesfamilienministerium äußerst kritikwürdige Entscheidungen getroffen. So teilten
Sie mit, dass ein Entschädigungsfonds der Bundesregierung für Opfer
sexueller Gewalt während der Nachkriegszeit nicht angestrebt werde. Der
runde Tisch, der die Aufklärung der Fälle betreiben sollte, sollte
unter anderem aus dem Dachverband der Institutionen bestehen, die unter
den Täterinstitutionen zu finden waren. In 2005 wurde das Blindengeld
abgeschafft, glücklicherweise aber wieder eingeführt.
Doch der größte Schaden, meiner Ansicht nach, wurde dadurch
verursacht, dass Sie das "Zugangserschwerungsgesetz" insbesondere mit
falsch interpretierten Zahlen, Wortverdrehungen und offenen Lügen
durchzusetzen wussten. Es ist sicherlich ungünstig (dezent
ausgedrückt), wenn Politiker bei einem Vorhaben von falschen Angaben
ausgehen. Wenn Sie trotz aller Richtigstellungen, Analysen und
Gutachten dennoch auf diese Angaben beharren und diese weiter
kommunizieren, erhält das Familienministerium in der Außenwirkung eine
Reputation, die durch die Worte "stur, borniert, fehlinformiert,
lernresistent, kritikunfähig und verlogen" beschrieben werden kann.
Diese Einschätzung basiert darauf, dass trotz sämtlicher
Richtigstellungen, ruhiger Analyse und akribischer Aufarbeitung der
Zahlen durch das Ministerium weiter die falschen Zahlen verbreitet
werden, sie ist insofern nicht als Beleidigung gedacht. Nur, sehr
geehrte Frau von der Leyen, wie würden Sie jemanden bezeichnen, der
öffentlich auch nach sehr vielen, auch von der Presse getätigten,
Analysen, noch immer die Zahl kommuniziert, die keiner genauen Prüfung
standhalt? Die diversen Unwahrheiten, Falschinterpretationen usw.
können Sie gerne im Netz nachlesen, unter anderem bei Heise Online, bei
Netzpolitik.org.
Für ein Bundesministerium, das ernstgenommen werden will, wird es
schwer sein, den Eindruck, es handele sich um ein aktionistisch
agierendes Ministerium, welches nicht lediglich "eine Sau durch das
Dorf treibt", sondern sich mit Zahlen, Daten und Fakten beschäftigt und
erst darauf basierend Gesetze oder Verträge anstrebt, zu widerlegen.
Mit Ihnen als Bundesfamilienministerin wird dies, meiner Ansicht nach,
unmöglich sein, weshalb, um weiteren Schaden abzuwenden, ein Rücktritt
nicht nur sinnvoll, sondern notwendig ist.
Deutschland als Staat
Das Agieren eines fehlinformierten, der Kritik gegenüber tauben
Ministeriums wirkt sich selbstverständlich auch auf die Wahrnehmung des
deutschen Staates durch andere Länder aus. In diversen Mailinglisten,
in Foren usw. wird Deutschland bereits als Land gesehen, dass eine
Zensurstruktur aufbaut, ohne dass es dafür eine erwiesene Notwendigkeit
besteht, als ein Land, welches sich Argumentationen verweigert und
durch "Geheimverträge" zwischen Strafverfolgung und Providern seine
Rechstaatlichkeit eingebüßt hat. Das Kontrollgremium, das nunmehr
stichprobenartig und vierteljährlich die gesperrten Seiten überprüft,
wird als "absurde Placebolösung" angesehen.
Geheimverträge, die Provider zur Sperrung von Seiten verpflichten,
jedoch nur stichprobenartig überprüft werden dürfen, werfen ein
schlechtes Licht auf Deutschland. Die Art, wie der Kritik an den
"Netzsperren", die nicht nur in Deutschland geübt wird, begegnet wird,
indem pauschal die Kritiker in die Nähe von Kindervergewaltigern,
Produzenten von Kinderpornographie oder Befürwortern von
Kinderpornographie gerückt werden, lässt den Eindruck entstehen, hier
agiert ein Land, das beim Gedanken "es ist ja für die Kinder" sämtliche
Logik außer Acht lässt und Argumenten nicht mehr zugänglich ist.
Insbesondere auch, wenn Menschen, die in der Lage sind, sich
technisch gegen das Stoppschild "zu wehren", sofort in die Nähe von
Kinderpornobefürwortern gerückt werden, und ihre Fähigkeiten zu
vermitteln, als Unterstützung von Kinderpornographiekonsumenten
bezeichnet wird, so trifft dies natürlich auch auf Menschen in anderen
Ländern zu, deren Umgehung von Netzsperren oft als Zeichen der
Gegenwehr gegen ein undemokratisches Regime gesehen wird. Deutschland
wird hier also stark in seiner Reputation als freiheitlicher
demokratischer Rechtstaat geschädigt, hinzu kommt noch, dass durch Ihre
Äußerungen andere Länder, mit denen Deutschland Freundschaften pflegt,
verunglimpft und verleumdet werden.
* Andere Länder
Sie, wie auch andere Politiker(innen) wie z.B. Frau Krogmann, führen
als Begründung für die Netzsperren an, dass es Länder gibt, in denen es
keinerlei Regelungen gegen Kinderpornographie gibt. Frau Krogmann
führte hierfür Kasachstan ins Feld, was widerlegt
werden konnte. Sie selbst, Frau Bundesfamilienministerin, führten
Indien an, das laut Ihrer Aussage "Kinderpornographie nicht ächten
würde".
Auch dies konnte widerlegt werden - von Seiten der indischen Botschaft.
Indien ist nicht nur für IT-Fachkräfte interessant, es lebt auch vom
Tourismus. Der Eindruck, es handele sich bei Indien um ein Land,
welches Kinderpornographie (nach Ihrer eigenen Definition die
Dokumentation sexueller Gewalt an Kindern, z.B. Vergewaltigungen vor
laufender Kamera mit blutenden, zerfetzten Leibern) nicht ächtet, ist
in Bezug auf den Tourismus oder auf Auswanderwillige fatal und schädigt
das Ansehen Indiens in hohem Maße. Und dies unbegründet, da Indien, wie
ja erläutert wurde, durchaus über entsprechende Gesetze verfügt und
diese anwendet.
Durch Sie wird somit ein Land, das mit Deutschland einen sehr freundschaftlichen Dialog pflegt, z.B. auch durch die deutsch-indische Gesellschaft belegt, geschädigt.
Für die Menschen indischer Abstammung in Deutschland sowie auch für
an Indien interessierte Menschen ist der Eindruck, den Sie durch Ihre
Äußerungen erwecken, geeignet, um zum Hass gegen diese Menschen bzw.
das Land Indien aufzustacheln. Die von Ihnen kommunizierte Nichtächtung
von Kinderpornographie durch den indischen Staat wird von einigen als
ein Zeichen dafür gesehen, dass es sich bei Indien um einen für Kinder
gefährlichen, für Eltern ungeeigneten Staat handelt. Die
Reputationsschädigung, die sich durch Ihre allen Anschein nach in
Unwissenheit oder Ignoranz getätigten Aussagen ergeben, ist hoch.
Auch andere, z.B. muslimische Ländern, werden so von Ihnen
verunglimpft. In einer Zeit, in der Muslime sowieso schon unter
Diskriminierung leiden, ist die Äußerung, dass Kinderpornographie bzw.
sexuelle Gewalt gegenüber Kindern nicht geächtet wird, nur ein weiterer
Aspekt um den Hass gegen solche Staaten und Muslime im allgemeinen zu
schüren.
Sehr geehrte Frau von der Leyen - ich möchte nicht anzweifeln, dass
Sie von Ihrer "Mission" überzeugt sind, nur haben Sie in Ihrer kurzen
Amtszeit bereits so viel Schaden sowohl innen- als auch außenpolitisch
verursacht, dass ich, wie bereits oben geschreiben, an Ihre Vernunft
und Ihre Einsichtsfähigkeit apelliere und Sie bitte, im Interesse nicht
nur Deutschlands, von Ihrem Amte zurückzutreten.
Diese Bitte wird von mir nicht leichtfertigt geäußert - ich war
lange Zeit der Meinung, dass Sie lediglich fehlinformiert sind, jedoch
bereit seien, wie ich es bei einigen Politikern durchaus erlebe, Ihr
Informationsdefizit aufzuarbeiten, sich Kritik zu stellen und
Fehlaussagen auch öffentlich zuzugeben bzw. dazuzulernen. Da dies nicht
der Fall ist, sondern Sie letzten Endes sich fast allen Argumenten und
Analysen und Zahlen, Daten, Fakten gegenüber als nicht interessiert
zeigten und weiterhin nicht korrekte Informationen verbreiten sowie
andere Länder und Menschen verleumden, sehe ich einen Rücktritt
Ihrerseits als einzige Möglichkeit, dem Bundesfamilienministerium, dem
Staat Deutschland und auch anderen Staaten Gelegenheit zu geben, die
von Ihnen zu verantwortenden Schäden zu beheben, bevor weiterer Schaden
entsteht.
Mit freundlichem Gruß
Twister
(Bettina Winsemann)
PS: Da ich dies als eine öffentliche Angelegenheit ansehe, werde ich
diese Bitte in meinem Blog bei Telepolis veröffentlichen, Ihre Antwort,
so erwünscht, werde ich dort selbstverständlich ebenfalls
veröffentlichen.