parteien in letzter Zeit eines können (oder gemeinsam haben), dann ist es Mitglieder vergraulen. Oder besser gesagt:
mehren sich die Austritte aus SPD und CDU. Es sind keine normalen Austritte, sondern gleich mit einem offenen Brief der die Beweggründe erklärt.
Offener Brief an die CDU und Beendigung meiner Mitgliedschaft in der CDUSehr geehrte Damen und Herren,
hiermit möchte ich meinen Austritt aus der Christlich Demokratischen Union erklären. Diese Entscheidung fiel mir nicht leicht, jedoch ist ein Austritt der einzig gangbare Weg für mich.
Die Entscheidungen, die in den letzten Jahren getroffen wurden, möchte ich nicht weiter mittragen. Es war für mich ein Unding, die von der CDU geforderte Vorratsdatenspeicherung bei der Bundestagswahl entgegen meinem Gewissen gegenüber dem Wähler zu vertreten. Doch mit dieser Forderung ist die CDU allem Anschein nach nicht weit genug gegangen. Beinahe täglich konnte man verfolgen, wie immer wieder eine neue sicherheitspolitische Sau durchs Dorf gejagt wurde. Onlinedurchsuchungen, Internetpiraterie, „Kinderpornosperre“.
Dabei wurde nicht lange gezögert oder abgewogen. Schlüssige Argumente schienen nicht zu gelten. Fakten waren irrelevant. Anderslautenden Meinungen wurden keinem Wert bemessen. Sei es von Experten, den Medien oder aber den Bürgerinnen und Bürgern selbst. So wurde eine Petition, die von eben diesen Bürgern durch ihre 134.000 Unterschriften getragen wurde, schlichtweg übergangen. Studien, welche belegen, dass diese zuletzt verabschiedete „Kinderpornosperre“ keinerlei Auswirkungen auf die Verbreitung der scheußlichen Inhalte hat, wurden ignoriert. Stattdessen verabschiedete man ein virtuelles Stoppschild, welches eben diese Seiten nicht löscht, sondern den Benutzer zum Wegschauen auffordert. Der Aufschrei der Bürgerrechtler überhört.
Ein interessantes Bild, das die große Koalition da abgibt. Sie kann oder will nicht effektiv gegen dieses Problem vorgehen, also blendet sie es aus.
Wegsehen bedeutet in einer freien Gesellschaft nichts anderes, als das Geschehene zu tolerieren. Als 23 jähriger Bundesbürger der mit freien Medien aufgewachsen ist, sehe ich bei jeder gesperrten Seite, die mit einem Stoppschild verdeckt wird, das Versagen unseres Rechtsstaates, da er offensichtlich nicht in der Lage war, dieses Verbrechen effektiv zu bekämpfen, sondern auf ein Mittel zur Zensur zurückgreifen musste. Dieses Vorgehen wirkt ein wenig paradox auf mich. Und doch ist genau das Ihr Vorgehen.
Darüber hinaus wurde für mich bis heute nicht deutlich, wo die Grenzen dieser Zensur verlaufen sollen. Mich lässt es bei dem Gedanken erschaudern, wie viele Inhalte mittelfristig noch auf staatlich kontrollierte Listen gesetzt werden könnten. Dass eine solche Erweiterung der Sperrlisten droht, zeichnet sich bereits ab. Verschiedenste Interessengruppen melden bereits Interesse an der Erweiterung des Gesetzes an und werden prompt angehört.
Am schlimmsten traf mich jedoch die Instrumentalisierung der schwächsten und schutzbedürftigsten Mitglieder unserer Gesellschaft. Sie wurden dafür missbraucht, diese Art der Zensur populistisch auszuschlachten und die geführte Debatte zu emotionalisieren. Wie zuvor die Terrorgefahr wurden Kinder dazu benutzt, Grundfreiheiten nach und nach abzubauen.
Während meines Grundwehrdienstes habe ich geschworen, unsere Verfassung zu verteidigen. Noch heute setzen Menschen ihr Leben dafür ein, diese Grundsätze unserer Gesellschaft zu erhalten. Dementsprechend möchte ich nicht an ihrer Aushöhlung teilhaben. Aus diesem Grund lege ich hiermit alle meine innerparteilichen Ämter mit sofortiger Wirkung nieder und trete aus der Partei aus. Ich kann nur hoffen, dass die CDU ihre grundlegenden Werte wiederentdeckt und dafür einsteht, was unser Land ausmacht: Einigkeit im Recht auf Freiheit.
Simon Jonski
Hameln, den 24.06.2009